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Wenn Du nicht bei WhatsApp bist, dann lebst Du gar nicht!

(Aussage eines 12-jährigen Mädchens im Rahmen einer Veranstaltung)

Es vergeht keine DigiKids Kinderwerkstatt, kein Eltern Update und keine Infoveranstaltung mit Kita-Mitarbeiter:innen, ohne das herauskommt, dass WhatsApp an der Oberfläche oder im Hintergrund genutzt wird.

Das hat uns dazu veranlasst ein Webinar zu diesem Thema zu starten. Mit dabei, der von mir hoch geschätzte Social Media Experte und Community Manager, Sascha Förster von Bonn.digital.

WhatsApp gehört zu der Kommunikationskultur von jungen Menschen heute essentiell dazu. Punkt. Das können wir finden, wie wir wollen. Es heißt jedoch nicht, dass das auch so bleiben muss.“

Auch in meiner kleinen Kolumne in der Gießener Zeitung habe ich mich vor ein paar Tagen zum Thema Kinder / Jugend und WhatsApp geäußert. Falls ihr Lust drauf habt, findet ihr das Interview hier.

WhatsApp im Kindergarten und in der Schule – das ist nicht das selbe.

Grundsätzlich müssen wir bei den beiden Institutionen klar unterscheiden. Während im Kontext Kindergarten / Kindertagesstätte nicht die Kinder die direkten, sondern die indirekten Protagonist:innen sind, nutzen ab den unteren Klassenformen, auf jeden Fall ab Beginn der weiterführenden Schule, die meisten Kinder den besagten Social Messenger.

Das bedeutet, dass auch die Themen unterschiedlich sind, bei denen es anzusetzen gilt. Bin ich in einer Kita, dann spreche ich vor allem mit den Eltern, wie es um Bildrechte und Privatsphäre ihrer Kinder bestellt ist (zu dem Thema gab es hier auch schon mal ein Webinar. Hier könnt ihr es euch anschauen). Mit dem Personal werden Kommunikationsstrukturen besprochen, aber auch Lösungsansätze thematisiert.

Einfaches Beispiel: Auf Sommerfesten und Co erhalten die Kinder ein Armband aus z.B. Geschenkpapier um, wenn die Eltern das Filmen wünschen. Im zweiten Schritt filmt nicht jedes Elternteil die Aufführung der Kleinen. Was ja, die Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen, auch auf der Beziehungsebene und im Erleben im Hier und Jetzt mit dem Kind für mich höchst fragwürdig ist. Vielmehr filmt eine (in Worten: E.I.N.E.) pädagogische Kraft die Aufführung und stellt diese später den Eltern zu Verfügung. In Kindertagesstätten spreche ich also eher über das Kind.

In der Schule sieht das schon wieder anders aus. Dort sind die Kinder die aktiven Nutzer:innen. Ich habe schon mit Klassen gearbeitet, bei denen Mitschüler:innen vor laufender Smartphone-Kamera gewaltsam ausgezogen und dieses Video später dann – via WhatsApp – im „Klassen-Chat“ die Runde machte. Das ist mit Sicherheit ein krasses Beispiel. Gleichwohl dient WhatsApp für viele Schüler:innen auch als „Pausen-Talk“, bei dem eben mal die Erwachsenen nicht zuhören. Der Messenger findet genauso Anwendung, wenn es um Informationen von Hausaufgaben und Co geht.

WhatsApp zu ignorieren, ist – je nach Setting – nur einem Kreis von Privilegierten möglich. Dieser Kreis muss den sozialen Preis der daraus folgenden Isolation aushalten können.“ (frei nach) Philippe Wrampfler

Was hat WhatsApp, was die Anderen nicht haben?

Naja, der Dienst ist scheinbar gratis. Zumindest zahlen wir nicht mit Geld, sondern mit Daten. Er funktioniert geräteübergreifend und war die erste wirkliche Alternative zur SMS. Dazu kommt der sog. lock-in-Effekt. Die Vorteile von sozialen Netzwerken entstehen nur, wenn möglichst viele Menschen die gleiche Plattform nutzen. Das führt dann (leider) dazu, dass die App, die gut funktioniert und auf der „alle“ sind, auch alle auf sie angewiesen sind. Dadurch wiederum wird es schwieriger sich als Einzelner aus dem Netzwerk auszuklinken und woanders hinzugehen – denn dort ist dann keiner. Das ist eine große WhatsApp-Kritik auf einer Metaebene. Es gehört zur Natur solcher Dienste zu Skalieren und damit dann „to big to fail“ zu werden, das ist jedoch kein gesundes Klima für ein wirklich soziales Netzwerk.

„Ich darf keine Daten an Dritte weitergeben“ vs. „Ich kann keinem vorschreiben, wie er kommunizieren soll“

In dieser Ambivalenz steckt für mich viel drin. Wir, bei DigiKids, nutzen seit Juni kein WhatsApp mehr, sondern einen der vielen tollen Alternativen. Aber wer sind wir, wenn wir unseren Kindern und Jugendlichen unsere Kommunikationskultur ein Stück weit entreißen wollen? Bei aller berechtigter Kritik, fühle ich mich, mit einer wertschätzenden, aber ausstiegsorientierten Haltung besser. Eine Option wäre zum Beispiel, den Kita-Chat / Familien-Chat bei einem anderen Anbieter anzusiedeln. So merken unsere Kinder, dass wir gar nicht alle einen Messenger nutzen müssen.

Philipe Wrampfler dazu:

Ich höre auf allen Kanälen zu und versuche Kommunikation zu den WhatsApp-Alternativen zu lenken.

WhatsApp und das Ding mit dem Datenschutz

Spätestens seit der DSGVO wissen wir alle, wie es um die Datensensibilität und den Datenschutz bei WhatsApp bestellt ist. Dass der Messenger als Tochter von Facebook unterwegs ist, spricht zudem eine deutliche Sprache. Ich finde es wichtig, ständig und immer laut über Datenschutz und Sensibilität – erst Recht auch mit Kindern – zu sprechen. Auch wenn uns das manchmal, wie eine Symboldiskussion vorkommt. Das ist sie vielleicht auch. Genau deswegen, ist es wichtig Haltung auszuprägen und darüber in den Austausch zu kommen.

Hier findet ihr das Video zu dem Webinar, viel Spaß damit.

Ihr habt weitere Themenwünsche für Webinare? Oder sonstige Ideen? Gerne! Hier entlang …